Als wir uns für einen Urlaub auf Teneriffa entschieden hatten, war für mich klar, dass ich auf jeden Fall den Teide besteigen wollte.
Er ist mit seinen 3718m der höchste Berg der Kanaren und damit auch von ganz Spanien.
Für das letzte Stück der Wanderung, von der Bergstation der Seilbahn zum Gipfel, ist ein Permit erforderlich, welches kostenlos im Internet beantragt werden kann. Dadurch soll verhindert werden, dass zu viele Menschen den Gipfel besteigen.
In meinem jugendlichen Leichtsinn dachte ich es genügt einen Monat vor unserem Urlaub ein Permit zu beantragen. Pustekuchen. Der Vorlauf war ca. 2 Monate.
Etwas frustriert habe ich dann nach Alternativen gegoogelt und dabei rausgefunden, dass man das Permit nur zwischen 9 und 17 Uhr benötigt, ein Aufstieg davor oder danach wäre also möglich.
Nach einigem hin und herüberlegen habe ich mich dann für den Aufstieg in der Dunkelheit mit der Option auf den Sonnenaufgang am Gipfel entschieden.
Vom Parkplatz an der TF 21 sind es ca. 1400hm bis zum Gipfel. Ich hatte mir vorgenommen um 4:00 Uhr loszulaufen um sicher vor 9:00 Uhr wieder vom Gipfelweg runter zu sein.
Gesagt getan, bin ich also um 3:00 Uhr aufgestanden und war dann um 4:00 Uhr pünklich am Parkplatz.
Der erste Wahnsinnseindruck.
Sterne.
Viele Sterne.
Sie schienen so nah zu sein, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe.
Allein das war schon überwältigend. Also die starke Stirnlampe auf dem Kopf montiert und ab ging es…
Der Weg ist zu Beginn recht angenehm, es ist eine Schotterstraße, die mit einer leichten Steigung nach oben führt. Sehr gut, um sich erst einmal an die Höhe zu gewöhnen.
Das Wetter war perfekt, keine Wolke am Himmel, den ersten Teil des Weges hätte man problemlos ohne Lampe gehen können, da der Mond mehr als hell war. Zwischendurch war es immer mal wieder ziemlich windig und das war ganz schön kalt, ich machte mir darüber noch keine Gedanken, vermutlich war es besser so…
Auf ca. 2730m endet der Schotterweg und das Abenteuer beginnt. Der Weg ist zu 95% sehr gut durch kleine Steinmäuerchen markiert (man befindet sich ja in einem Nationalpark und soll die Wege nicht verlassen), stellenweise war es aber nicht ganz so einfach den „richtigen“ Weg zu erkennen, wenn es über Felsen nach oben ging. Der Weg besteht größtenteils aus ziemlich grobem und losem Schotter, so dass gute und stabile Schuhe absolut empfehlenswert sind.
Während ich nach oben wanderte wurde der Wind immer unangenehmer, mein Körper war nicht wirklich kalt, meine Arme und vor allem meine Hände jedoch sehr wohl. Die Hände nesselten immer wieder und ich versuchte diese so gut es ging vor meinen Körper zu halten um ein weiteres Auskühlen zu verhindern. Meine Große Hoffnung war das Refugio Altavista, wo ich hoffte mich etwas aufwärmen zu können…
…kurz nach sechs war es dann soweit, ich konnte die Lichter der Hütte sehen. Wärme war in greifbarer Nähe. Ich betrat die Hütte. Andere Wanderer, die dort übernachtet hatten, machten sich bereit die letzten Höhenmeter zum Gipfel zurückzulegen.
Darauf die kurze Konversation mit dem Hüttenwirt:
„Can I help you sir?“
„I just want to do a short stop.“
„I am sorry sir, only with reservation, we are closing now, we open again at 11 oˋclock. You can rest outside.“
Zack, zerplatzt der Traum von einem wärmenden Getränk in der Hütte.
Na gut, dann also weiter zum Gipfel.
Weiter durch grobes Gestein ging es in Richtung der Bergstation der Seilbahn. Von dort geht das letzte Stück Weg zum Gipfel. Diese letzten Höhenmeter waren enorm Steil, mir war inzwischen extrem kalt und meine Arme taten richtig weh. Aber jetzt abbrechen wollte ich nicht.
Auf den letzten Höhenmetern spielten meine Gefühle völlig verrückt, mir kamen immer wieder Tränen und ein unbeschreibliches Glücksgefühl erfüllte mich.
Gleich hätte ich es geschafft! Gleich wäre ich auf dem höchsten Berg Spaniens und das noch bevor die Sonne aufging.
Es war einfach nur unbeschreiblich.
Oben am Gipfel hatten sich schon viele Wanderer eingefunden um das Spektakel des Sonnenaufgangs zu bewundern.
Ich versuchte mit mäßigem Erfolg ein windstilles Plätzchen zu finden und setzte mich für einige Minuten auf einen Felsen. Schwefelgeruch erfüllte meine Nase.
Der Ausblick über die ganze Insel war wunderbar, das Meer war unter einer Wolkendecke verborgen. Der Himmel färbte sich zusehends in den verrücktesten Farben.
Leider war es mir einfach zu kalt, so dass ich mich schon wieder an den Abstieg machte, als die Sonne endlich über den Horizont kletterte.
Die Strahlen waren leider zu schwach um gleich Wärme zu spenden, also stieg ich möglichst schnell wieder ab.
Auf dem Abstieg war ich mehr oder weniger allein unterwegs, die meisten Wanderer hatten wohl die Seilbahn genommen oder den Weg über den Pico Viejo fortgesetzt.
Auf dem Rückweg konnte ich dann auch die berühmten Teide Eier bestaunen, pechschwarze Lavakugeln inmitten von ansonsten recht hellem Schotter.
Um zehn Uhr war ich zurück am Parkplatz und gegen elf wieder im Hotel.
Würde ich es wieder machen?
Definitiv ja, aber ein Windbreaker und Handschuhe sind beim nächsten Mal mit Sicherheit im Gepäck.